Übertragung
Bisher sind mindestens 24 Serotypen von BTV bekannt, bei jedem Serotyp gibt es jedoch unterschiedliche Reassortanten. BTV wird von Gnitzen, blutsaugenden Mücken der Gattung Culicoides, von Tier zu Tier übertragen und auf diesem Wege verbreitet. Empfänglich für die Tierseuche sind alle Wiederkäuer, wie Rinder, Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer aber auch Kameliden.
Ungefährlich für Menschen
Das Virus ist für Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milch sowie daraus hergestellte Erzeugnisse können daher ohne Bedenken verzehrt werden und unterliegen keinen Handelsbeschränkungen. Ein Eintragsrisiko bzw. eine Weiterverbreitung des Blauzungenvirus besteht
- durch die Ausbreitung lebender, infizierter Vektoren (Gnitzen) mit dem Wind,
- durch die Einschleppung infizierter Vektoren (Gnitzen) mit dem Handel und Verkehr oder
- durch den Handel mit infizierten Tieren, deren Sperma, Embryonen und Eizellen.
Aktuelle Lage
Am 5. September 2023 wurden erstmals seit Jahren Fälle von Blauzungenkrankheit (BT) in den Niederlanden bestätigt. Es handelt sich um den Serotyp 3 (BTV3) des Virus, der bisher vorwiegend auf italienischen Inseln sowie in Tunesien und Israel nachgewiesen wurde.
Die ersten betroffenen Betriebe befanden sich in der Region zwischen Amsterdam und Utrecht. Das Geschehen breitete sich in verschiedene Richtungen -unter anderem ostwärts- weiter aus. Mittlerweile wurden in den Niederlanden über 4000 weitere Ausbrüche gemeldet.
Am 9. Oktober 2023 wurde in Belgien der erste Ausbruch von BTV Serotyp 3 festgestellt. Betroffen war eine kleine Schafhaltung in der Provinz Antwerpen.
Am 13.10.2023 wurde der erste Ausbruch von BTV Serotyp 3 in Deutschland vom Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt. Betroffen war eine Schafhaltung im Landkreis Kleve in Nordrhein-Westfalen. Am 25.10.2023 bestätigte das Friedrich-Loeffler-Institut den ersten Ausbruch von BTV Serotyp 3 bei einem Schaf in Niedersachsen. Betroffen war eine Schafhaltung im Landkreis Ammerland. Anschließend wurden weitere Ausbrüche bei Rindern und Schafen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen festgestellt. Aufgrund der Ausbrüche werden die Voraussetzungen für den Status „seuchenfrei“ in Bezug auf Infektionen mit BTV in den gesamten Landesgebieten Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen nicht mehr erfüllt. Das restliche Bundesgebiet gilt weiterhin als frei von BTV.
Aktuelle Informationen zur Verbreitung von BTV3 in den Niederlanden sind über den folgenden Link abrufbar:
Aktuelle Informationen zur Verbreitung von BTV3 in Belgien sind über den folgenden Link abrufbar:
Klinische Symptome werden insbesondere bei Schafen beobachtet und ähneln den Symptomen, die aus der Vergangenheit von Ausbrüchen des Serotyps 8 bekannt sind (hohes Fieber bis 42° C, geschwollene Zunge, Fressunlust, Speicheln, Läsionen im Maul und an der Zunge). Auch Todesfälle wurden berichtet. Bei Rindern scheinen die Krankheitssymptome schwächer ausgeprägt zu sein.
Im Rahmen der Tierseuchenüberwachung sollte deshalb die passive Überwachung in Hessen verstärkt werden. Das bedeutet, dass insbesondere Schafe und Rinder mit Krankheitssymptomen, die auf Blauzungenkrankheit hindeuten könnten, auf eine Infektion mit dem Blauzungenvirus getestet werden sollten.
Da die Tierseuche über Stechmücken der Gattung Culicoides, sogenannte Gnitzen von Tier zu Tier übertragen wird und aktuell kein Impfstoff zum Schutz der Tiere gegen den Serotyp 3 zur Verfügung steht, besteht die einzige Möglichkeit, die Infektion empfänglicher Tierarten zu verhindern darin, diese vor Angriffen der Gnitzen zu schützen. Gnitzen fallen vor allem zwischen Abend- und Morgendämmerung Tiere im offenen Gelände an und legen ihre Eier bevorzugt in nassen, mit organischen Stoffen angereicherten Boden, Schlamm oder Mist ab. Um die Tiere bestmöglich vor Angriffen von Gnitzen zu schützen, sollten diese entsprechend der Herstellerangaben mit Repellentien behandelt und wenigstens in der Flugzeit der Gnitzen aufgestellt werden. Mögliche Brutstätten der Gnitzen (z.B. Regentonnen) sollten möglichst entfernt werden.
Zusätzlich zu dem in Deutschland bereits nachgewiesenen Serotyp 3 besteht die Einschleppungsgefahr weiterer Serotypen des Virus (z. B. BTV-8 und BTV-4). Im Gegensatz zu BTV-3 stehen gegen BTV-8 und BTV-4 wirksame Impfstoffe zur Verfügung. Auch die ständige Impfkommission Veterinäre empfiehlt die Impfung von Schafen, Ziegen und Rindern gegen die Serotypen BTV-4 und BTV-8. Die Impfung vermittelt einen sicheren Schutz und ist weitgehend nebenwirkungsfrei. Für die Impfung gegen BTV ist eine Genehmigung der örtlich zuständigen Veterinärbehörde erforderlich.
Um einen Eintrag des Virus in hessische Betriebe zu vermeiden, müssen bei der Aufnahme von Tieren empfänglicher Arten (Wiederkäuer und Kameliden) aus nicht BTV-freien Regionen in hessische Betriebe die Tiere zusätzliche Garantien bezüglich BTV erfüllen. Wiederkäuer und Kameliden dürfen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen nur noch in hessische Betriebe eingestellt werden, wenn die Tiere innerhalb von 14 Tagen vor der Verbringung mit Negativbefund einem PCR-Test unterzogen wurden. Zusätzlich müssen diese Tiere mindestens 14 Tage vor der Probenentnahme durch Insektizide oder Repellentien vor Angriffen der virusübertragenden Stechmücken geschützt worden sein. Die Behandlung muss bis zum Verbringungszeitpunkt aufrechterhalten werden.
Die Verbringungsregelungen gelten auch für Wiederkäuer und Kameliden, die aus Herkunftsbetrieben in Hessen vorübergehend, z.B. auf Weiden, zu Veranstaltungen oder zur tierärztlichen Behandlung, nach Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen gebracht werden. Um wieder nach Hessen oder in ein anderes BTV-freies Bundesland gebracht werden zu dürfen, müssen die Tiere die oben genannten Anforderungen erfüllen.
Tiere aus nicht BTV-freien Regionen außerhalb Deutschlands dürfen nur in hessische Betriebe eingestellt werden, wenn Sie von einem amtlichen Gesundheitszertifikat begleitet werden, in dem die besonderen Garantien bezüglich BTV von der für den Herkunftsbetrieb zuständigen Veterinärbehörde bescheinigt sind.
Nähere Informationen sind unter dem Punkt „Verbringungsregelungen“ zusammengestellt.
Eine Übersicht über den BTV-Seuchenfreiheitsstatus in den einzelnen europäischen Ländern sowie weitere Informationen zu BTV, z.B. von den Mitgliedstaaten der EU genehmigte Ausnahmemöglichkeiten von den Verbringungsregelungen, sind auf der Internetseite der EU-Kommission eingestellt und unter dem folgenden Link zugänglich:
Verbringungsregelungen
Zu beachtende Maßnahmen
Spezies der nach der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 gelisteten Tierarten dürfen nur nach Deutschland verbracht werden, wenn sie die Bedingungen in Abschnitt 1, Kapitel 2, Teil II, Anhang V der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 erfüllen. Diese Regelungen betreffen seit dem 21.04.2021 neben Angehörigen der Art Bovidae nun auch die Arten Camelidae (z.B. Lamas und Alpakas) und Cervidae (Hirschartige) sowie einige Zootierarten. Die Bedingungen richten sich nach der Art der Verbringung und dem BTV-Status der Gebiete, aus denen bzw. in welche die Tiere verbracht werden sollen. Die Bedingungen gelten sowohl für das Verbringen innerhalb Deutschlands als auch für das innergemeinschaftliche Verbringen. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es weder einen Impfstoff gegen BTV-3 noch wurde ein Tilgungsprogramm etabliert.